Die Flut an Selbstanzeigen wegen Steuerbetrugs hält auch 2015 an.
Im ersten Halbjahr 2015 haben sich bereits 174 Bürger beim Finanzamt Trier angezeigt.
Viele Beobachter hatten damit gerechnet, dass die Zahl der Selbstanzeigen 2015 deutlich sinken würde, weil seit Januar schärfere Regeln für die Strafbefreiung gelten.
Die Grenze, bis zu der Steuerhinterziehung bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, ist von 50.000 auf 25.000 Euro gesunken.
„Wir hatten gedacht, dass viele Bürger in 2014 noch schnell reinen Tisch machen und dass dann nur noch ganz wenige Anzeigen kommen“ sagt Finanzamtsvorsteher Jürgen Kentenich.

Nach dem Rekordjahr 2014 mit insgesamt 937 Selbstanzeigen beim Finanzamt Trier ist die Zahl der im ersten Halbjahr 2015 eingegangen Anzeigen mit 174 noch überraschend hoch.
Das sind so viele wie im gesamten Jahr 2013, in dem 178 Selbstanzeigen beim Finanzamt Trier gezählt wurden.

Nach Einschätzung von Jürgen Kentenich ist dies darauf zurück zu führen, dass neben dem noch anhaltenden Hoeneß-Effekt ein automatischer Informationsaustausch über ausländische Einkünfte ab dem Jahr 2014 an die Wohnsitzstaaten der Bürger unmittelbar bevorsteht.
Bisher waren nur Zinseinkünfte zu melden.
Hinzu kommen zunächst Daten über Arbeitseinkommen, Ruhegehälter/Renten, Aufsichtsratsvergütungen, Lebensversicherungsprodukte und Immobilienbesitz mit den dazu gehörenden Einkünften ab dem Jahr 2014, die erstmals bis zum 31.07.2015 unter den EU-Staaten ausgetauscht werden.

Das bedeutet, dass das Finanzamt Trier automatisch ohne besondere Anfrage jährlich die ausländischen Einkünfte der hier ansässigen Bürger mitgeteilt bekommt und mit den Angaben in den Steuererklärungen abgleichen kann bzw. auch nachprüfen kann, ob eine Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bestanden hat, der nicht nachgekommen wurde.
Die überwiegende Anzahl der erwarteten Mitteilungen über Auslandseinkünfte wird sicherlich die Grenzpendler betreffen, die im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtsbezirk Trier wohnen und in Luxemburg arbeiten.
Anhand dieser Mitteilungen kann das Finanzamt prüfen, ob nicht ein Teil der Einkünfte in Deutschland zu versteuern ist, nämlich dann, wenn der Grenzpendler seine Beschäftigung an mehr als 19 Tagen außerhalb Luxemburgs ausgeübt hat.
Auch die genaue Angabe dieser Tage ist Gegenstand des automatischen Auskunftsaustausches.

Zudem soll der automatische Auskunftsaustausch in Zukunft noch weiter ausgeweitet werden, z.B. auf Einkünfte aus Stiftungen, Vermögensverwaltung, auf Dividenden und Lizenzen, was wiederum weitere Selbstanzeigen nach sich ziehen dürfte.
Aktuell hat die Bundesregierung am 15.07.2015 zwei weitere Gesetzentwürfe beschlossen, mit denen der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen mit den anderen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten ab 2017 wirksam werden kann.

Der Finanzamtschef sieht aber auch ein positives Einwirken von Steuerberatern und Banken auf ihre Mandanten bzw. Kunden.
Die Steuerberater fragen zwischenzeitlich deutlich bei ihren Mandanten nach, ob sie nicht noch etwas zu verbergen haben, was angezeigt werden müsste.
Die luxemburger Banken z.B. brechen die Geschäftsbeziehungen zu ihren Kunden ab, wenn diese nicht die geforderte „Steuerkonformitätsbescheinigung“ unterschreiben.

Es hat sich durch die vielen Informationsveranstaltungen des Finanzamts Trier zur Grenzpendlerbesteuerung auch herumgesprochen, dass sich die luxemburgischen Arbeitgeber nach luxemburgischen Recht strafbar machen, wenn sie ihren Arbeitnehmern unzutreffende (Lohn)Bescheinigungen ausstellen, in denen die Tätigkeit außerhalb Luxemburgs verschwiegen oder zu niedrig bescheinigt wird.
In diesen Fällen ermittelt das Finanzamt wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen die luxemburgischen Arbeitgeber.

In dem Zeitraum von 2010 bis zum 30.06.2015 sind insgesamt 1.580 Selbstanzeigen beim Finanzamt Trier eingegangen.
Davon entfallen 1.131 auf luxemburgische und 454 auf schweizerische Anlagen. Die Gesamtsumme der Nachzahlungen beträgt bisher 53,3 Millionen Euro.