Mit 21 Jahren schloss Marlène ihre Ausbildung als Handelskauffrau ab. Sie ist unternehmenslustig und enthusiastisch und findet bald einen Job in einem Fotogeschäft. Solche Läden, in denen analoge Kameras wie Sammlerstücke ausgestellt werden, gibt es heute kaum noch.

Ihr Beruf besteht zum Teil aus dem Verkauf in Geschäften, dem Verkauf verschiedener Leistungen an Unternehmen für Veranstaltungsreportagen, aber auch dem Verkauf von Klassenfotos an Schulen…

Smartphones verdrängen die analogen Geräte

Im Jahr 2015 beginnt der Laden, finanzielle Schwierigkeiten zu haben. ” Mit Smartphones, die tolle Fotos machen, verkauften sich immer weniger analoge Kameras. Auch die Entwicklung von Fotos auf Papier wird immer mehr zur Randerscheinung. Einige treue Unternehmen haben uns auch fallen gelassen , weil sie auch gemerkt haben, dass viele Leute selbst Fotos mit ihren Smartphones machen, die sie noch am selben Tag in sozialen Netzwerken veröffentlichen…”, erklärt sie uns.

Als sich die Schwierigkeiten häufen, entlässt ihr Chef sie 2016 nach sechs Jahren treuen Diensten. Übrigens schließt er seinen Laden vier Jahre später endgültig während der Covid-19-Pandemie.

Marlène ist arbeitslos, hat zwei Kinder, muss Miete zahlen, einen Autokredit und einen Konsumkredit abbezahlen und hat es am Monatsende schwer.

” Ich bekam 900 Euro im Monat und mein Ehepartner 1100 Euro. “, erklärt sie uns.

Nicht genug Geld, um gut zu leben

” Am Ende des Monats, wenn wir alles bezahlt hatten, hatten wir  manchmal weniger als 50 Euro übrig, um bis zu den nächsten Gehältern durchzuhalten . Manchmal verlangten meine Kinder nach Snacks oder Säften, die ich ihnen aber nicht immer geben konnte. Von Ausflügen ganz zu schweigen… Wir gönnten uns keine einzigen Extras. Ich fand mehrere aufeinanderfolgende Anstellungen als Kassiererin, Putzfrau und Teilzeitverkäuferin in einem Geschäft. Jedes Mal handelte es sich um befristete Arbeitsverträge. Ich habe eine unbefristete Stelle in einem Bekleidungsgeschäft gefunden, aber mit nur 25 Wochenstunden. »

Marlène erzählt uns, dass sie so viel wie möglich arbeitete. Sie schreckte vor nichts zurück (Bügeln zu Hause, Hunde ausführen).

Ein Job in Luxemburg

Da Marlène 30 km von der luxemburgischen Grenze entfernt wohnt und ihr Umfeld im Großherzogtum arbeitet, beschließt sie, ihren Lebenslauf an mehrere Unternehmen dort zu schicken. Die 40-Stunden-Woche schreckt sie absolut nicht ab. Da ihre Kinder aber noch klein sind, fürchtet sie die zusätzlichen Betreuungskosten, weil sie weiß, dass ihr Ehepartner einen Beruf hat, bei dem er in 3-Schichtdienst* arbeitet. “Ich habe eine Stelle im Vertrieb gefunden, bei der meine Kunden in Luxemburg, Frankreich und Belgien verteilt sind. Ich fahre nie weiter als bis Virton oder Metz. Wenn mein Partner nachmittags arbeitet, nehme ich Termine auf der französischen Seite wahr oder arbeite im Homeoffice, um Termine zu vereinbaren und den Papierkram zu erledigen. Mein Chef vertraut mir und kennt meine Situation. Es läuft sehr gut. Ich habe ein festes Gehalt von 2 500 Euro netto und am Ende des Jahres erhalte ich einen leistungsabhängigen Bonus. ” Sie fügt lächelnd hinzu: “Und außerdem habe ich einen Firmenwagen! ».

Ich verstehe die Grenzgänger nicht, die sich beschweren

Diegrenzgaenger:  Ihre Arbeit in Luxemburg hat es Ihnen ermöglicht, wieder einen komfortableren Lebensstandard zu erreichen und die schwierigen Monatsenden gehören der Vergangenheit an. Gibt es noch andere Punkte, die Sie als Grenzgängerin mögen oder nicht mögen?

Marlène:Ich verstehe die Grenzgänger nicht, die sich beschweren. Vielleicht sind manche Menschen aus triftigen Gründen nicht zufrieden mit ihrer Arbeit und ich kann das verstehen, aber es ist nie perfekt. In Frankreich habe ich viele Jobs für so niedrige Löhne erledigt. Jetzt habe ich eine Arbeit, die mir Spaß macht, und ich bekomme auch Kindergeld in Höhe von über 500 Euro im Monat. Wissen Sie, ich arbeite viel und oft mehr als 40 Stunden, und das ist manchmal anstrengend. Ich habe das Glück, dass ich mir meine Arbeits selbst einteilen kann, ohne meinen Chef zu enttäuschen, und so dass ich mich so viel wie möglich um meine Kinder kümmern kann.  Ich werde jedoch nicht wieder in Frankreich arbeiten. Man spricht von 35 Stunden Woche, aber das ist nicht gerade traumhaft. »

* drei verschiedene Teams, die sich montags bis freitags 24 Stunden lang an derselben Stelle abwechseln.

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