Kaum einem anderen Land der Welt können ganz legal und einfach Verluste in Gewinne verwandelt werden.
Darüber berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Demnach ermöglicht das großzügige Steuerrecht des Zwergstaates internationalen Firmen wie Vodafone, AOL und Caterpillar, ihre Steuerlast mit Hilfe von Kosten zu minimieren, die sie in Wirklichkeit gar nicht geschultert haben. Eine Untersuchung der Nachrichtenagentur Reuters ergab, dass die Konzerne Jahr für Jahr dank dieser Sonderregel Hunderte Millionen Euro an Steuern sparen, die sie eigentlich in anderen Ländern zahlen müssten – etwa in Deutschland.

Denn in Luxemburg können Firmen Buchverluste – etwa durch Wertminderungen einer Tochtergesellschaft – dazu nutzen, um ihre Körperschaftsteuer zu drücken. In den allermeisten anderen Ländern muss der Verlust hingegen erst durch einen Verkauf realisiert werden, bevor er steuerwirksam wird – nicht jedoch in Luxemburg.

Luxemburg bietet den Firmen dazu noch ein besonderes Extra-Bonbon an: Wenn der Wert einer Investition nicht fällt, sondern steigt, muss dieser Buchgewinn nämlich nicht versteuert werden. Die Konsequenz: Firmen mit Sitz in Luxemburg können zahlreiche Wetten ohne Risiko eingehen – etwa mit Tochtergesellschaften.

Die Steuerregel hat nach Einschätzung von Experten dazu beigetragen, mehr als 40’000 Holding-Gesellschaften und damit Tausende hoch bezahlter Arbeitsplätze nach Luxemburg zu locken. “Für eine Regierung, die Steuern eintreiben will, ist diese Regel eine dumme Idee”, erläutert Reimar Pinkernell von der Bonner Kanzlei Flick Gocke Schaumburg. “Aber wenn man es gar nicht auf Steuereinnahmen abgesehen hat, sondern zufrieden damit ist, dass die Firma da ist und einige Leute beschäftigt – dann ist es das perfekte System.”

Vodafone ist dem Bericht zufolge einer der größten Nutznießer dieses ungewöhnlichen Steuerrechts. Der Mobilfunk-Gigant hat so riesige Buchverluste in Luxemburg angehäuft, dass er in den vergangenen 13 Jahren Milliarden von Euro an Steuern gespart hat. Der Konzern musste nach dem Platzen der Technologieblase den Wert zahlreicher Akquisitionen in der Bilanz nach unten korrigieren – darunter die Rekordübernahme von Mannesmann. Weil die betroffenen Geschäftsteile offiziell in Luxemburg angesiedelt waren, konnte Vodafone diese Abschreibungen von insgesamt 70 Milliarden Euro mit zukünftigen Gewinnen verrechnen.

Und diese Gewinne waren gewaltig: Seit der ersten Abschreibung im Geschäftsjahr bis März 2002 haben vier Luxemburger Vodafone-Tochterfirmen insgesamt fast 30 Milliarden Euro verdient. Zwei dieser Sparten funktionieren dabei ähnlich wie interne Banken: Vodafone Investments Luxembourg Sarl (VIL) verdiente 18 Milliarden Euro mit dem Verleihen von Geld an andere Konzern-Sparten – etwa in Deutschland. Vodafone Luxembourg 5 Sarl (VL5) machte 15 Milliarden Dollar Gewinn, indem sie die Firmengeschäfte in den USA mit Geld versorgte.

Von diesem Arrangement profitierte Vodafone gleich doppelt, weil Zinszahlungen in Deutschland und den USA steuerlich absetzbar sind. Bei zwei weiteren Luxemburger Tochterfirmen des Konzerns, die unter anderem für Telefon-Bandbreiten zuständig sind, sorgte jeder einzelne der etwa 300 Mitarbeiter im Schnitt im vergangenen Geschäftsjahr für einen Gewinn in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Konzernweit generiert jeder Vodafone-Mitarbeiter dagegen im Schnitt lediglich einen Profit von rund 44.000 Euro. Insgesamt verbucht Vodafone in Luxemburg höhere Gewinne als in jedem anderen Land der Welt mit Ausnahme der USA.

Dank der in Luxemburg angehäuften steuerlich wirksamen Buchverluste hat Vodafone dort seit 2001 nur etwa 100 Millionen Euro an Steuern gezahlt. Wenn der Konzern den Gewinn ohne den legalen Trick regulär hätte versteuern müssen, wären stattdessen fast neun Milliarden Euro fällig gewesen. Mehr noch als für umzugswillige Menschen gilt also offenbar für internationale Konzerne: Das Leben in Luxemburg ist einfach anders.