Als Frankreich am 1. September seinen Rabatt von 30 Cent pro Liter Kraftstoff einführte, um die Inflation zu bekämpfen, reagierte Deutschland (dessen Inflation bis zum Jahresende auf 10% steigen könnte) seinerseits mit der Freigabe eines Entlastungspakets in Höhe von 65 Milliarden Euro.

Ein längst überfälliges Maßnahmenpaket

Das 13-seitige Dokument wurde nach 22 Stunden zäher Verhandlungen zwischen den drei Parteien der Regierungskoalition (Sozialdemokraten, Grüne und Liberale) verabschiedet. Millionen von Deutschen hatten seit Wochen darauf gewartet, dass ihre Regierung endlich die Dringlichkeit der Situation erkennt.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte jedoch, dass er die Sorgen seiner Landsleute sehr ernst nehme und erinnerte daran, dass die Deutschen “mit der Energiekrise nie allein sein werden (…) Wir werden diese schwierigen Zeiten gemeinsam meistern”.

Nach mühsamen Diskussionen zwischen den verschiedenen Koalitionsparteien wurden die neuen Hilfen am Sonntag, dem 4. September, offiziell bestätigt und werden ab sofort in Kraft treten. Eine gute Nachricht, die nur zwei Tage nach der Ankündigung Russlands eintraf, die Unterbrechung der Nord Stream 1 Pipeline zu verlängern. Nord Stream 1 ist die 1 224 km lange Gaspipeline, die Russland mit Norddeutschland verbindet und Deutschland und viele europäische Staaten mit Gas versorgt.

Die einkommensschwächsten Haushalte im Fokus

Die erste (und wichtigste) versprochene Maßnahme ist die “größte Reform des Wohngeldes in der Geschichte“, wie es der Kanzler selbst formulierte. Ziel der Regierung ist es, dass künftig zwei Millionen Deutsche Anspruch auf Wohngeld haben (das unter anderem auch Heizkostenzuschüsse umfasst). Aktuell sind es 640.000 Menschen die bereits Anspruch darauf haben.

Darüber hinaus wird das Mindesteinkommen zur Grundsicherung, das von rund 3,6 Millionen Menschen bezogen wird, ab Januar nächsten Jahres um 51 Euro auf insgesamt 500 Euro erhöht. Gleichzeitig sieht eine weitere Maßnahme vor, dass die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer, die weniger als 2.000 Euro im Monat verdienen, gesenkt werden.

Weitere geplante Hilfen sind eine Prämie von 300 Euro für Rentner (die beim letzten Steuererlass vergessen worden waren) und eine Prämie von 200 Euro für Studenten.

Schließlich hat sich die Koalition von Olaf Scholz in Bezug auf den Verkehr und angesichts des Erfolgs des Neun-Euro-Monatstickets (mit dem man bis zum 1. September für neun Euro im Monat unbegrenzt im ganzen Land mit Zügen, Bussen, Straßenbahnen usw. fahren konnte) auf “eine attraktive monatliche Pauschale von 49 bis 69 Euro” geeinigt.