Brüssel rangelt um Spitzenposten

Nach der Zustimmung der irischen Bevölkerung zum EU-Vertrag von Lissabon gewinnt die Debatte um künftige EU-Spitzenposten an Intensität.

Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker forderte in der Financial Times Deutschland, der erste EU-Ratspräsident müsse eine europapolitische Biografie aufweisen, die es “nicht zu einer Überraschung macht, dass er nun zur ersten Stimme Europas wird”. Er müsse große Ohren haben, damit er alle Signale aus den Hauptstädten hören und in Kompromisspakete einpacken könne.

Die Anforderungen sind laut FTD eine indirekte Absage an den ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair, der als aussichtsreichster Kandidat für den Posten gilt. Juncker habe zwar betont, er werde sich erst nach einer Debatte unter den 27 Staats- und Regierungschefs über Blair und andere Kandidaten äußern. Dennoch sei klar, dass der charismatische Labour-Politiker dem Profil des christdemokratischen Luxemburgers nicht entspreche.

Viele kleine Staaten sehen Blairs Kandidatur skeptisch. Sie fürchteten, dass er mit britischer und französischer Hilfe die Autorität der EU-Kommission schwächen würde, die als Interessenvertreterin der Kleinen gelte. Juncker sagte, es habe bei der Schaffung des Postens im gescheiterten Verfassungsvertrag “ein informelles Einverständnis gegeben, dass der erste EU-Ratspräsident nicht aus einem großen Land kommen sollte”.

Juncker wurde selbst mehrmals als möglicher erster EU-Ratspräsident ins Spiel gebracht, hat entsprechende Ambitionen aber jeweils vehement bestritten.