Die ersten acht europäischen Supercomputer werden in Sofia (Bulgarien), Ostrau (Tschechische Republik), Kajaani (Finnland), Bologna (Italien), Bissen (Luxemburg), Minho (Portugal), Maribor (Slowenien) und Barcelona (Spanien) stehen. Das hat die EU-Kommission jetzt bekanntgegeben.

„Diese Standorte werden unseren Forschern Zugang zu Supercomputern von Weltrang verschaffen, die eine strategische Ressource für die Zukunft der europäischen Industrie darstellen“, sagte der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident, Andrus Ansip. „So werden sie in der Lage sein, ihre Daten innerhalb der EU zu verarbeiten und nicht außerhalb.“

„Das ist ein wichtiger Fortschritt für Europa, um die nächste Stufe der Rechenkapazitäten zu erreichen; er wird uns bei zukunftsorientierten Technologien wie Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, Robotik und Datenanalyse voranbringen“, so Ansip weiter.

Der für Haushalt und Personal zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger erklärte: „Diese Initiative zeigt, wie gemeinsame Investitionen der EU und ihrer Mitgliedstaaten in ein gemeinsames Ziel dazu beitragen können, dass Europa eine Führungsrolle in einem Hochtechnologiesektor übernimmt. Davon werden alle europäischen Bürger und Unternehmen erhebliche Vorteile haben. Wir blicken nun auf den nächsten langfristigen Haushalt der EU und auf unser Programm „Digitales Europa“, in dem wir eine erhebliche Investitionssumme für den Aufbau einer Hochleistungsrechen- und Dateninfrastruktur von Weltrang vorgeschlagen haben.“

In den Betreiberkonsortien dieser Zentren werden insgesamt 19 der 28 am gemeinsamen Unternehmen beteiligten Länder vertreten sein. Zusammen mit den EU-Mitteln kommen sie auf ein Gesamtbudget von 840 Mio. Euro. Die genauen Finanzierungsregelungen für die neuen Supercomputer werden in Aufnahmevereinbarungen festgelegt, die in Kürze unterzeichnet werden.

In der heutigen Welt sind Hochleistungsrechenkapazitäten von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen sowie die strategische Autonomie und die Innovation in allen Bereichen zu fördern.

Hochleistungsrechner haben breit gefächerte Anwendungsbereiche. So können sie beispielsweise Prognosen zur Entwicklung örtlicher und regionaler Wettermuster liefern und Vorhersagen zu Größe und Verbreitungswegen von Stürmen und Überschwemmungen treffen, sodass Frühwarnsysteme für extreme Wetterereignisse aktiviert werden können. Ebenso kommen sie bei der Entwicklung neuer Arzneimittel zum Einsatz, um komplexe physikalische Gleichungen zu lösen, mit denen die molekularen Prozesse und Wechselwirkungen eines neuen Wirkstoffes mit dem menschlichen Gewebe modelliert werden.

Auch in der Luftfahrt- und Automobilindustrie wird das Hochleistungsrechnen genutzt, um komplexe Simulationen durchzuführen und einzelne Bauteile sowie ganze Flugzeuge und Kraftfahrzeuge zu testen. Darüber hinaus sind Supercomputer für Großsimulationen und für die Auswertung großer Datenmengen unverzichtbar. Sie stellen daher eine äußerst wichtige Komponente bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz dar und fördern Europas Stärken auf Gebieten wie Cybersicherheit und Blockchain.

Nächste Schritte

Das gemeinsame Unternehmen plant gemeinsam mit den ausgewählten Aufnahmestellen die Anschaffung von acht Hochleistungsrechnern: drei Vor-Exa-Supercomputer (mehr als 150 Petaflops oder 150 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde), die zu den fünf Besten der Welt gehören werden, und fünf Peta-Supercomputer (die mindestens 4 Petaflops oder 4 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde schaffen).

Die Vor-Exa-Systeme werden voraussichtlich 4- bis 5-mal mehr Rechenleistung liefern als die derzeitigen Spitzenrechner der Partnerschaft für Hochleistungsrechentechnik in Europa (PRACE). Zusammen mit den Peta-Systemen werden sie die in Europa zur Verfügung stehenden Rechenressourcen verdoppeln, sodass viele weitere Anwender Zugang dazu erhalten können.

In den kommenden Monaten wird das gemeinsame Unternehmen die entsprechenden Vereinbarungen mit den ausgewählten Aufnahmestellen und deren Betreiberkonsortien schließen. Darin werden der Ablauf der Beschaffungsverfahren zum Erwerb der Rechner und die entsprechenden Mittelzusagen der Kommission und der Mitgliedstaaten festgelegt. Die Supercomputer dürften in der zweiten Jahreshälfte 2020 in Betrieb gehen und den europäischen Nutzern aus Wissenschaft, Industrie und öffentlichem Sektor zur Verfügung stehen. Wie schon die vorhandenen PRACE-Supercomputer werden auch alle neuen Supercomputer in das europaweite Hochgeschwindigkeitsnetz GEANT eingebunden.

In den kommenden Tagen werden hochrangige Kommissionsvertreter mit Vertretern der nationalen Regierungen und der beteiligten Hochleistungsrechenzentren zusammenkommen, um diesen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer europäischen Hochleistungsrechentechnik zu präsentieren.

Hintergrund

Auf Vorschlag der Kommission und mit Unterstützung des Rates der EU wurde das Gemeinsame Unternehmen EuroHPC im November 2018 gegründet‚ um die EU bis Ende 2020 mit einer Hochleistungsrecheninfrastruktur von Weltrang auszustatten.
Im Februar 2019 veröffentlichte das gemeinsame Unternehmen seine ersten Aufforderungen zur Interessenbekundung für die Auswahl der Standorte, an denen die ersten Supercomputer bis Ende 2020 entstehen sollen. Es gab zwei Aufforderungen: eine für den Betrieb der Peta-Supercomputer und eine für den Betrieb der Vor-Exa-Supercomputer.

Das Hochleistungsrechnen ist eine wichtige Priorität des Programms „Digitales Europa“, das von der Kommission im Mai 2018 im Zusammenhang mit der nächsten langfristigen EU-Haushaltsplanung vorgeschlagen wurde und 2,7 Mrd. Euro für die Finanzierung von Supercomputern in Europa im Zeitraum 2021–2027 vorsieht. Diese Mittel werden es dem gemeinsamen Unternehmen ermöglichen, die Anschaffung von Exa-Supercomputern (die bis zu 1018 Rechenoperationen pro Sekunde oder 1000 Petaflops schaffen) bis 2023 sowie die Entwicklung der Hauptanwendungen, die auf diesen Supercomputern laufen werden, und der dafür erforderlichen Kompetenzen zu unterstützen.