Die deutschsprachigen Innenministerinnen und Innenminister treffen sich seit 2005 einmal im Jahr zu Beratungen und stimmen sich dabei auch zu gemeinsamen Positionen auf EU-Ebene ab.
Pandemiebedingt fand das Treffen nach zwei Jahren Pause am Montag und Dienstag erneut statt.

Die erste Arbeitssitzung war dem Krisenmanagement in Migrationsfragen gewidmet.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine begrüßte Minister Asselborn ausdrücklich die Aktivierung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz, die es den EU-Ländern ermöglicht hat, den Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, schnell und unbürokratisch einen Schutzstatus zu gewähren.
Der Minister nutzte jedoch die Gelegenheit, um daran zu erinnern, dass trotz der großen Solidarität der europäischen Länder mit den Flüchtlingen aus der Ukraine und trotz jahrelanger Diskussionen eine Migrations- und Asylpolitik in der EU nach wie vor ausstehe.

“Es war und ist richtig, dass wir nicht nur gegenüber den Menschen aus der Ukraine unsere Solidarität bekundet haben, sondern auch gegenüber den Mitgliedstaaten an unseren Außengrenzen.
Es gilt dabei jetzt bereits die Lehren aus der derzeitigen Situation und unserer Reaktion zu ziehen.
Wir müssen diese in unsere strukturellen Reformanstrengungen einfließen lassen”, betonte Jean Asselborn.

Krisenprävention ausbaufähig

Im Zuge der zahlreichen Krisen der letzten Jahre ist das Krisenmanagement der EU mit Sicherheit besser geworden, jedoch lässt die Krisenprävention weiterhin zu wünschen übrig.
In diesem Kontext ist Jean Asselborn auch auf die lang ersehnte Reform der gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik eingegangen: “Ein faires, robustes und transparentes Regelwerk wird zwar keine Kriege oder Klimakrisen verhindern, aber wir werden uns auf ein System verlassen können, welches nach Automatismen und nicht mehr rein ad hoc funktioniert.
Ein wesentlicher Bestandteil einer solchen Krisenprävention ist ein Solidaritätsmechanismus, der sowohl in Normal- als auch in Krisenzeiten greift”.

Die deutschsprachigen Minister befassten sich anschließend mit der Thematik der Resilienz der Demokratie.
Aus dem Austausch ging hervor, dass die Covid-19 Pandemie und die darauf folgende russische Aggression gegen die Ukraine zu einer beunruhigenden Ausbreitung der gezielten Desinformation beigetragen und die Radikalisierungstendenzen in hohem Maße verstärkt haben.
In diesem Zusammenhang betonte Minister Asselborn, wie wichtig es sei, dass wir sicherstellen, dass unsere demokratischen Prozesse, zum Beispiel Wahlen, beschützt werden.

Grenzüberschreitende Polizeiarbeit stärken

Anschließend tauschten sich die Minister über Schengen und die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit aus.
Minister Asselborn äußerte sich angesichts der Schengen-Reform: “Eine Lehre aus der COVID-19 Pandemie ist, dass Grenzschließungen ein Fehler waren.
Somit müssen wir eine Legitimierung permanenter Binnengrenzkontrollen vermeiden.”
Der Minister äußerte sich zudem besorgt, dass andauernde Grenzkontrollen eine vitale Bedrohung für Luxemburg darstellen, sowohl wirtschaftlich wie auch sozial gesehen, da viele kritische Dienstleistungen nicht ohne die 200.000 Grenzgänger funktionieren können.