Vor einigen Monaten hat die ALEBA eine grundsätzliche Untersuchung zum Thema der falsch eingestuften leitenden Angestellten (faux-cadres) erstellt und einen Artikel veröffentlicht, der die derzeit gültigen rechtlichen Bestimmungen und die luxemburgische Rechtsprechung erläuterte.

Hier nun die Fortsetzung, mit konkreten Beispielen:

Betrachten wir das Beispiel von Herrn X, der im Jahr 1986 von einer Bank für ihre IT-Abteilung eingestellt wurde, und zwar für einen Posten, der dem damaligen Tarifvertrag unterlag. Herr X wurde Ende 2008 zum Project manager befördert und ab dem 1. Januar 2009 (ohne Zusatzvertrag) als dem Tarifvertrag nicht unterworfen erklärt. Er verdient heute ein Bruttojahresgehalt von 60.000 € (= 5.000 €/Monat). Er arbeitet durchschnittlich 55 Stunden pro Woche, eventuelle Dienstreisen ins Ausland nicht eingerechnet.

Hier die wichtigsten Konsequenzen dieser Statusänderung:

Verdienst:

Erste Hypothese: Wenn Herr X wirklich ein leitender Angestellter ist, müsste sein jährliches Grundgehalt um die 120.000 € betragen. Sein Arbeitgeber bezahlt ihm also a priori 60.000 € weniger, als er aufgrund seines „Status“ verdienen sollte.

Zweite Hypothese: Angenommen, dass in diesem Beispiel der Posten des Projektmanagers alle Bedingungen der Funktion Gruppe VI „EDV-Projektleiter“ erfüllt, wie sie im Tarifvertrag für Banken vorgesehen ist, müsste der Arbeitgeber heute ein Gehalt von bis zu 100.000 € bezahlen. Offensichtlich verliert der Arbeitnehmer 40.000 €.

Dritte Hypothese: Herr X verdient 5.000 € pro Monat bei 12 Monaten. Indem er kein 13. Monatsgehalt, keine Juniprämie und keine der anderen im Tarifvertrag vorgesehenen Sonderzahlungen erhält, verliert er ungefähr 10.000 € pro Jahr.

Zusammengefasst: Der finanzielle Verlust von Herrn X beträgt zwischen 10.000 und 60.000 € pro Jahr.

Da das Gesetz die mit dem Verdienst in Beziehung stehenden Forderungen auf die vorangegangenen 3 Jahre begrenzt, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Klage, kann Herr X lediglich hoffen, seine Situation für die Jahre 2015 bis 2017 geregelt zu sehen, die übrigen Jahre (2009-2014) sind definitiv verloren.

Überstunden:

Herr X arbeitet durchschnittlich 15 Stunden pro Woche mehr als die 40 bereits geleisteten Stunden, ohne dafür entlohnt zu werden und ohne diese Zeit mit seiner Familie verbringen oder seine Hobbys pflegen zu können.

Wenn er eine Vergütung für diese Stunden einfordert, muss er nicht nur belegen, dass er sie wirklich geleistet hat, sondern auch – und dies ist noch schwieriger – beweisen, dass sein Arbeitgeber (oder sein Vorgesetzter) eingewilligt hat, sie zu leisten.

Diese Stunden entsprechen einer Vergütung von 2.500 € pro Monat, also 30.000 € pro Jahr, nicht eingerechnet etwaige Sonderzahlungen (z. B. für Feiertage).

Verlust des Kündigungsschutzes:

Ein unter den Tarifvertrag fallender Arbeitnehmer im Banken- und Versicherungssektor ist 2 Jahre lang vor einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen geschützt (Artikel 5.3 des Tarifvertrags für Banken oder Versicherungen), wenn diese auf eine Veränderung der rechtlichen Position des Arbeitgebers folgt, insbesondere bei Vererbung, Verkauf, Fusion, Umwandlung des Geschäftsvermögens, Vergesellschaftung oder Transfer des Unternehmens.

Solange Herr X seinen wirklichen Status nicht von seinem Arbeitgeber oder einem Gericht anerkennen lässt, kann er diesen im Tarifvertrag verankerten Schutz nicht geltend machen, da letzterer streng genommen nicht in seinem Arbeitsvertrag enthalten ist.

Ausschluss von Schutzmaßnahmen bei Massenentlassungen:

Ein falsch eingestufter Arbeitnehmer kann im Fall von Massenentlassungen von den gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden, während die sich „außerhalb des Tarifvertrags befindlichen“ Arbeitnehmer vom Gesetz bereits von den Verhandlungen über einen Sozialplan ausgeschlossen werden.

Die sich außerhalb des Tarifvertrags befindlichen Arbeitnehmer (nicht zuletzt also die falsch eingestuften leitenden Angestellten) sehen sich ihrem Schicksal allein gegenüber und müssen ihr „Abfindungspaket“ in einem individuellen Vertrag allein verhandeln, ohne automatischen Rechtsbeistand oder soziale Gerechtigkeit.
 

FRAGEN UND ANTWORTEN (FAQ):

Wenn ich fordere, dass ich einen Status erhalte, der dem Tarifvertrag unterworfen ist, verliere ich meinen Firmenwagen, mein Firmenhandy, meinen Titel und die anderen mit meinem Status als „leitender Angestellter“ verbundenen Vorteile.

NEIN! Wenn diese Vorteile in Ihrem Arbeitsvertrag festgehalten sind oder dies belegt werden kann, sollte die Wiedereingliederung in den Geltungsbereich des Tarifvertrags keinen Verlust bedeuten, sowohl hinsichtlich Ihres Gehalts, als auch hinsichtlich der anderen Elemente, die das Gesetz als Teil des Pakets „Vergütung“ ansieht.

Wenn ich meine Wiedereingliederung in den Geltungsbereich des Tarifvertrags einfordere, hat mein Arbeitgeber das Recht, mein Gehalt durch 13 zu teilen oder eine „Neuberechnung“ vorzunehmen und alle finanziellen Elemente des Tarifvertrags in mein derzeitiges Gehalt zu integrieren.

NEIN! Der Arbeitgeber ist von Rechts wegen verpflichtet, seine Arbeitnehmer mit dem richtigen Status zu versehen. Wenn er dies versäumt hat und wenn er versäumt, im Arbeitsvertrag alle sich aus dem Tarifvertrag ergebenden Vorteile zu addieren, begeht er einen Fehler, wenn er angibt, das Gehalt „neu berechnen“ zu müssen.

Mein Arbeitgeber schließt in die Berechnung meines Gehalts meine Bonuszahlungen ein. Ist das möglich?

NICHT UNBEDINGT! Die Bonuszahlungen gehören zur Familie der sogenannten Gratifikationen oder „Prämien“. Wenn die Bonusklausel nicht in einem Vertrag oder dem Tarifvertrag festgehalten ist, stellt diese Bonuszahlung eine freiwillige Leistung das, deren Auszahlung im Ermessen des Arbeitgebers liegt und also nicht zum Paket Vergütung hinzuaddiert werden kann. Lassen Sie, um alle Zweifel auszuräumen, Ihre Situation von den Juristen der ALEBA überprüfen.

Mein Arbeitgeber verweigert meine Wiedereingliederung. Was kann ich tun?

Ein Arbeitnehmer hat drei Optionen, wobei dieses Problem jeweils von Fall zu Fall analysiert werden muss:

  • Allein versuchen, seinen wahren Status anerkennen zu lassen: In der Praxis bleibt dies meist erfolglos, außer wenn der Arbeitnehmer von seiner Gewerkschaft unterstützt wird.
  • Seine Stimme der Personaldelegation des Unternehmens übertragen, die im Sinn des Gesetzes vom 23. Juli 2015 über den Sozialdialog tätig wird: In der Praxis ist dies eine effiziente Entscheidung, da durch sie eine Situation herbeigeführt werden kann, die mit der „class action“ (Sammelklage) des angelsächsischen Rechtssystems vergleichbar ist. So entsteht nicht nur eine solidarische Aktion, sondern es ist – in Kombination mit den Instrumenten des Gesetzes vom 23. Juli 2015 über den Sozialdialog – möglich, ein gemeinsames Anliegen vorzubringen beziehungsweise die Modalitäten der Wiedereingliederung und der Begleichung der nachzuholenden Zahlungen mit dem Arbeitgeber zu verhandeln.
  • Ein Gerichtsverfahren anstrengen: In der Praxis wagen es nur entlassene Mitarbeiter oder die Personaldelegierten, ihre Rechte auf diese Weise geltend zu machen.

Die ALEBA berät und unterstützt natürlich weiterhin alle Arbeitnehmer und Delegierten, die in dieser Sache um ihre Hilfe und Unterstützung bitten.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus einer ausführlicheren Version. Um den ganzen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier: http://www.aleba.lu/de/en-pratique/fiches-pratiques/

Verfasst von Safouane JAOUID – Head of Legal der ALEBA