Fragwürdige Steuerpraktiken in Luxemburg
Veröffentlicht
von
KaptanListe
am 06/11/2014 um 00:11
Besonders für große Konzerne ist Luxemburg ein Paradies.
Deutsche und internationale Konzerne vermeiden einem Bericht der „Süddeutsche Zeitung“ zufolge mit Unterstützung der Luxemburger Regierung Steuerzahlungen in Milliardenhöhe.
Dem Bericht zufolge soll das Großherzogtum komplizierte Finanzstrukturen genehmigen und großen Unternehmen damit ermöglichen, teilweise weniger als ein Prozent Steuern zu zahlen.
Die Steuervereinbarungen ermöglichen auf diese Weise über 340 Firmen ganz legal Steuern zu sparen.
Dazu gehören zum Beispiel Pepsi, IKEA, FedEx und viele andere Konzerne.
In dem Datensatz hätten sich auch Informationen zu den DAX-Konzernen Deutsche Bank, E.ON und Fresenius Medical Care gefunden.
Die Zeitung beruft sich in ihrem Vorabbericht auf die Auswertung von 28.000 Seiten geheimer Dokumente durch das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ).
Maßgeblich beteiligt ist das Beratungsunternehmen Price Waterhouse Coopers (PWC), welches die Strukturen für die Unternehmen entwickelte.
Das Luxemburg-Leaks zitiert beispielsweise aus einem E-Mail-Wechsel zweier PwC-Partner zu einem Steuervermeidungs-Konstrukt, das sie für den Baumaschinenkonzern Caterpillar entworfen hatten und von dem sie fürchteten, dass es auffliegen könnte.
Er solle sich bereit machen, ein paar Nebelkerzen zu zünden, wird aus einer Mail des zuständigen PwC-Partners Thomas Quinn an den Kollegen Steven Williams zitiert. “Was soll’s”, antwortet der. “Wir werden alle pensioniert sein, wenn das hochkommt.”
Die bisher geheimen Dokumente zeigten, wie zahlreiche multinationale Firmen vom System Luxemburg profitiert haben.
Die Unterlagen stammen vorwiegend aus den Jahren 2008 bis 2010 und fallen damit in die Amtszeit des damaligen Premierministers Jean-Claude Juncker.
“Ich werde in den Fällen keinen Einfluss auf die Geschehnisse nehmen. Ich werde mein Amt nicht missbrauchen”, sagte Juncker dem NDR. Er wolle sich da nicht einmischen.
Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel verteidigt die Steuerpolitik.
“Was Luxemburg gemacht hat, war okay”, sagte er der “Süddeutschen Zeitung”.
Sein Land sei keine Steueroase. “Ich kann aber die Steuern nicht erhöhen, nur weil es dann meinen verschuldeten Nachbarländern besser geht”, so der Premierminister.
Zu den Leaks geht es hier.
Das Interview der SZ mit Xavier Bettel kann hier nachgelesen werden.
Hintergrund (Quelle Wikipedia)
Das Leak besteht aus insgesamt 28.000 Seiten bisher geheimer Steuerdokumente von 343 Unternehmen.
Ende April 2014 begannen 80 Journalisten in 26 Ländern mit der Aufbereitung der Daten.
Die Recherche wurde vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) koordiniert, finanziert wurde die Arbeit durch das Center for Public Integrity.[2]
An der Veröffentlichung waren neben dem ICIJ die Süddeutsche Zeitung, Le Monde, The Guardian, WDR und NDR beteiligt.
Maßgeblich beteiligt an der Erarbeitung der Steuersparmodelle ist die Beratergesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC).[2]
Die Deutsche Bank ist in Luxemburg und anderen Steueroasen mit Fondsgesellschaften ansässig.
Über die Fonds wurden Geschäfte mit Immobilien in Europa abgewickelt, ohne dass dabei nennenswerte Steuern anfielen.
Der Energiekonzern E.ON und das Gesundheitsunternehmen Fresenius Medical Care vergaben über Tochtergesellschaften in Luxemburg Kredite an andere Töchter außerhalb Luxemburgs. Fresenius Medical Care gab selbst an pro Jahr so fast eine Million Euro Steuern zu sparen.
Die Konzerntöchter von E.ON überwiesen Zinsen nach Luxemburg, was die Gewinne der Unternehmen außerhalb Luxemburgs und damit die Steuerlast des Unternehmens insgesamt senkte.
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Klar, profitieren die Grenzgänger und auch die Grenzregion davon. Vielleicht ist auch so gewollt, wer weiß, wer weiß.
LuxRacer
ja klar, die Frage ist wie lange noch, könnte dann schnell mal uninteressant werden in Luxemburg zu arbeiten und den nicht unerheblichen, täglchen (verkehrstechnischen) Aufwand zu betreiben. Das wissen natürlch die Luxemburger auch und werden schon Mittel und Wege finden damit wir hier bleiben (hoff ich).
mimsafreddi1
Irgendwie profitieren wir als Grenzgänger doch alle von der "Steueroase" Lux, oder nicht?
Das eine ist ja, das man davon weiß oder es vermutet. Aber wenn man es schwarz auf weiß, also bewiesen ist, ist noch eine andere Sache. Ebenso, ob die Unternehmen das ein oder zwei Jahre machen. Oder schon viele Jahre. Aber zugegebenermaßen haben Deutschland und Frankreich hier ein wenig geschlafen. Oder Luxembourg vertraut, wäre ja auch mal was in der EU.
Titanic-Magazin, wie immer zuverlässig :-)
Luxemburg Leaks
Ein internationales Team von mehr als 80 investigativen Journalisten hat jetzt herausgefunden, was sich bisher kein Mensch vorstellen konnte: Luxemburg ist ein Steuerparadies! In monatelangen Recherchen deckten die Reporter auf, daß große Konzerne mit Hilfe luxemburgischer Behörden Milliardengewinne erzielen und dabei offensichtlich kaum Steuern zahlen. Bei diesen Konzernen soll es sich laut Medienberichten unter anderem um Amazon, Apple, Eon, Ikea, Pepsi und die Deutsche Bank handeln, sprich: um Unternehmen, die bislang (fast) nie negativ aufgefallen sind.
Nun müssen die Konzerne allerdings mit Konsequenzen rechnen: Die EU-Kommission wird nämlich künftig verstärkt gegen Steuertricks vorgehen, vermutlich schon im Jahr 2085. Das kündigte der neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an, übrigens nicht verwandt oder verschwägert mit jenem Jean-Claude Juncker, der von 1995 bis 2013 Regierungschef in Luxemburg war.
Unterdessen will "Bild" demnächst Junckers Telefonnummer veröffentlichen und die Leser auffordern, den Kommissionspräsidenten anzurufen, um ihm die Meinung zu geigen viel Erfolg zu wünschen. Im Gespräch ist auch, die Nummern der Chefs von Amazon, Apple, Eon, Ikea, Pepsi und Deutsche Bank abzudrucken. Und "Focus online" plant, die privaten Adressen von Juncker und den Konzernbossen ausfindig zu machen und anschließend Fotos von Hausfassaden und Klingelschildern zu veröffentlichen.
Zu diesen Thema kann ich sagen, dass ein Bericht im Fernsehen "ARD" Panorama dieser Tage zu sehen war.
War echt interessant und so mancher Politiker, auch Herr Junker, musste sich unangenehmen Fragen stellen.
Wer ihn aber kennt, weiß dass er sich geschickt ausausdrücken kann und sich fein rausgeredet hat.
Glaube, hier wird sich einiges in der Zukunft bewegen und ob wir alle davon profitieren ist dann fraglich.
henkel12
Ein Moralapostel in Finanz- und Steuerfragen sollte sich grundsätzlich überlegen, ob er in Luxemburg ausserhalb der Landwirtschaft und dem Tourismus arbeiten will. Und selbst im Tourismus muss die Frage berechtigt sein, wie die Beschäftigiten mit ihren Trinkgeldern umgehen. Ausserdem unterliegen moralische Ansichten stark dem Zeitgeist.
Auch innerhalb der Nachbarländer besteht Steuerwettbewerb zwischen den Komunen. Vielleicht kommt auch mal die Zeit, dass das moralisch problematisch wird.
Wir sollten uns auf die juristische Bewertung dieser Vorgänge beschränken und danach scheint auf der Basis der aktuellen Bestimmungen alles ok zu sein.
Ich befürchte nur, dass wir hier den medialen Krieg der benachbarten Finanzbehörden gegen Luxemburg in der nächsten Stufe sehen. Und wenn die Medien lange genug ihre "Wahrheiten" verbreiten, wird der Zeitgeist schon dafür sorgen, dass die neu gewonnene Moral in europäisches Recht umgesetzt wird.
LuxRacer
Die einfache Lösung klingt plausibel, Luxemburg wird jetzt versuchen die Kurve zu bekommen und mit anderen weiterhin versuchen die "einfache Lösung" zu verhindern.Denn dann werden sicher einige grosse Unternehmen "Goodbye" sagen und Luxemburg (und wir) haben ein Problem...
Doppelt sorry.
Natürlich sind die Praktiken fragwürdig. Man rechnet Gewinne klein (also die Basis dessen worauf Steuern gezahlt werden) und entzieht diese Steuern dann Deutschland, Frankreich und Co.. Das war erlaubt, weil man sich auf EU-Ebene nicht auf eine einheitliche Regelung einigen konnte (u.a. auch wegen einem Veto´s von Luxembourg). Die Unternehmen wie Apple, Amazon, etc. hätten sich doch sonst nie und nimmer in Luxembourg angesiedelt. Warum bekommt Luxembourg Steuereinnahmen auf Artikel, die in anderen Ländern verkauft werden? Und dort wird dann nichts bezahlt. Ist das im Sinne der EU? Wohl kaum.
Eine einfache Lösung: Die Unternehmen müssen die Steuern dort zahlen, wo auch die Gewinne erzielt werden. Wenn also ein ipad in Deutschland verkauft wird, muss dort auch der Gewinn besteuert werden und nicht in Luxembourg.
pendler111
Ich hab gehört, Pwc hätte darauf verwiesen, dass die Unterlagen gestohlen und ohnehin veraltet seien.
Spricht für sich.
Die Moral könnte Lxemburg zu spüren bekommen, denn das Interesse an dem Thema ist auch seitens der EU gross.
Hoffentlich bekommen da Unternehmen mal keine Imageprobelme.
LuxRacer
Die Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers (PwC) teilte mit, sie handele "in Übereinstimmung mit lokalen, europäischen und internationalen Steuergesetzen" - wenn dem so ist, gibt's eigentlich nix zu meckern und ist dann auch nicht fragwürdig. Moralisch vielleicht nicht ok, aber wenn interessiert bei den grossen Unternehmen schon die Moral.