Das Schengen-Abkommen ist ein zentraler Baustein des vereinten Europas: Die Mitgliedsstaaten erlauben ihren Bürgern das freie Reisen durch große Teile des Kontinents, ohne dass sie wie früher an den Grenzen ihre Pässe zeigen müssen.
Doch mit der Ankunft tausender Flüchtlinge aus Nordafrika seit Beginn der politischen Umwälzungen in der Region wurden besonders aus Frankreich Forderungen nach der Wiedereinführung von Grenzkontrollen laut.
Und nun prescht auch noch Dänemark vor und will wieder verstärkte Zollkontrollen einführen.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström schlägt nun vor, zeitweilige Grenzkontrollen auch bei weiteren Ausnahmesituationen zu erlauben.
Die Schwedin denkt dabei an einen plötzlichen Flüchtlingsansturm oder an den Fall, dass ein Land die EU-Außengrenze nicht kontrollieren kann.
Solche Schritte hatte besonders die französische Regierung gefordert, nachdem Italien Flüchtlingen aus Tunesien befristete Schengen-Visa ausgestellt hatte – und diese sich zum Großteil auf den Weg nach Frankreich machten.

Die dänische Regierung hat nun angekündigt, dass sie an den Grenzen zu Deutschland und Schweden wieder ständige und verstärkte Zollkontrollen einführen will, um organisierte Kriminalität und illegale Einwanderung zu bekämpfen. Dazu soll es unter anderem an der Grenze zu Deutschland neue elektronische Kontrollvorrichtungen geben, Scanner-Geräte zur Identifizierung von Nummernschildern und mehr Zollbeamte. Es werde aber keine Pass- oder Personenkontrollen geben, sagte Integrationsminister Sören Pind am Donnerstag in Brüssel. Ihm zufolge sieht sich die Regierung in Kopenhagen im Einklang mit den Schengen-Regeln.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) befürwortet die Forderung Frankreichs und ist der Meinung, dass die Regeln für Ausnahmefälle “einfach ein bisschen konkreter” gefasst werden müssten. Dabei soll aber Friedrich zufolge nicht das Schengen-Abkommen an sich abgeschafft werden: “Wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass die große Errungenschaft der Reisefreiheit in Europa unbeeinträchtigt und erhalten bleibt.” Bei einem Treffen in Brüssel berieten die EU-Innenminister am Donnerstag über das Thema, um Entscheidungen für den EU-Gipfel im Juni auf den Weg zu bringen.

Noch fehlt eine Bewertung der EU-Kommission, ob die Entscheidung Dänemarks mit den europäischen Gesetzen im Einklang ist. Die Kommission hat aber von der Regierung in Kopenhagen weitere Erklärungen angefordert und wird die Rechtmäßigkeit der Kontrollen prüfen.

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Hintergrund

Das Schengener Abkommen hat 1985 die Schlagbäume zwischen Deutschland, Frankreich und den Benelux-Ländern abgeschafft.
Heute gehören bereits 25 Staaten dem “Schengenland” an, in dem keine Binnengrenzen kontrolliert werden sollen.
Dazu zählen 22 der 27 EU-Länder (alle außer Großbritannien, Irland, Zypern, Bulgarien und Rumänien) sowie außerdem Norwegen, Island und die Schweiz.

Nach Artikel 23 kann ein Mitgliedsland “im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit” ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum an seinen Grenzen wieder Personen kontrollieren. Die Maßnahmen dürfen höchstens 30 Tage dauern oder so lange, wie die “schwerwiegende Bedrohung” andauert.
Die Schengen-Staaten nutzten bisher diese Klausel zum Beispiel, um vor großen Sportveranstaltungen Reisende zu kontrollieren – und so zum Beispiel Hooligans die Einreise zu untersagen.