Mit Ausnahme der ADR sind alle politischen Parteien im Großherzogtum schon lange dafür, die Staatsbürgerschaft in mehrfacher Form zu ermöglichen.

Woran hatte es geklemmt, dass ein entsprechendes Gesetz noch nicht verabschiedet wurde? Nun, eine maßgebliche Regierungspartei, die CSV, hatte argumentiert, dass dieser bedeutende Schritt vor den Wahlen noch nicht im Wahlprogramm der Partei gestanden habe. Nun, zwar stand da so vieles nicht drin… Aber jetzt hat es endlich drin gestanden, die CSV wurde auch wieder in die Regierung gewählt – also sollte man jetzt mit der Verwirklichung des Projektes rechnen können!

Noch nicht viel gewonnen!

Dass eine Person zwei oder gleich mehrere Staatsangehörigkeiten inne hat, ist auch heute in Einzelfällen schlichtwegs unvermeidlich – auch wenn Staaten wie Luxemburg oder Deutschland solche Ausnahmefälle bisher stets so niedrig wie möglich zu halten gesucht hatten.

Nach der bisherigen Regelung setzte die Einbürgerung in Luxemburg voraus, dass man die vorherige Staatsangehörigkeit aufgegeben hatte bzw. nachweislich nicht mehr besitzt (einfach unmöglich etwa bei Portugiesen, die laut Gesetz auf ihre Staatsangehörigkeit gar nicht wirksam verzichten können!).
Wer schon einmal vor dem Standesbeamten gestanden hat, der weiß, wie schwierig es sich gestaltet, einem solchen Beamten etwas zu beweisen (etwa dass man lebt und dass man so heißt, wie man heißt …).

In einem so ehrenwerten Staat wie dem Großherzogtum gibt es neben viel Ehrenhaftigkeit immer auch ein beträchtliches Maß an Scheinheiligkeit (nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!).
Es steht somit zu befürchten, das mit einem neuen Gesetz über den “Doppelpass” noch nicht unbedingt viel für die Sache gewonnen ist, nämlich die Integration der Ansässigen im Großherzogtum mit anderer Staatsangehörigkeit.

Denn wenn wie bisher eine langwierige Prozedur (bislang mindestens zwei Jahre) nach undurchsichtigen Maßstäben (gleichsam vor jeder beteiligten Instanz, von Gemeinderat bis zum Parlament, eine “Gesichtskontrolle” des Antragstellers in nicht öffentlicher Sitzung) stattfindet, so ist das nicht motivierend, sondern letztlich demütigend.

Die Luxemburgisch-Kenntnisse

Beliebt ist hierzulande (wie in Deutschland!) die Beherrschung der Landessprache als Filter-Kriterium vorzuschieben.

Hört sich erst einmal überaus vernünftig und verständlich an!
Man darf jedoch dabei die Fragen nicht vergessen, wer den Einbürgerungswilligen diese Sprache beibringen und wie deren Beherrschung objektiv festgestellt werden soll.
Wer die objektiv nicht nachvollziehbare Funktion psychologischer Eignungstests etwa schon im schulischen Bereich an eigenem Leib erfahren hat, kann hier nur Bauchschmerzen bekommen. Und schließlich ist nicht jeder Beamter ein von Natur aus begabter Luxemburgisch-Prüfer!

Man darf also nur hoffen, dass das Ergebnis des bevorstehenden Gesetzgebungsprozesses hier einiges in Richtung Transparenz und der Vereinfachung der administrativen Prozeduren an Besserung erbringt.
Sonst steht zu erwarten, dass Neu- oder Auch-Luxemburger nur derjenige wird, wer nichts Anderes oder Besseres zu erwarten hat und dazu noch die nötige Eselsgeduld mitbringt!

Luxemburg wie die Schweiz liegen an der Spitze, wenn es um den Anteil von Ausländern an der Wohnbevölkerung des Landes geht. Sie sind “Schwanzmeister”, wenn es um den Anteil der Einbürgerungen geht.
Woran liegt das? Oder anders gefragt:

Wie offen ist Luxemburg wirklich?

Mehr Informationen:

Gilbert Trausch, “Histoire, nationalité et double nationalité”

Nénad Dubajic, “Les étrangers entrent dans la vie politique”

Serge Kollwelter, “Double ou simple en veut-on vraiment?”

ADR: “Nicht wirklich integrationsfördernd!”

Laurent Mosar (CSV): “Plädoyer für die luxemburgische und für die doppelte Staatsbürgerschaft”

Claude Meisch (DP), “Un facteur d’intégration?”

Ben Fayout (LSAP), “Un moyen de cohésion”

Jean-Marie Wagner, “Doppelte Staatsbürgerschaft – doppelte Loyalität”

Michel Pauly, “Demokratiegeschichte – Wirtschaftsgeschichte”

Damir Skenderovic & Gianni D’Amato, “Schweiz: Doppelpass oder Eigentor?”

All diese Beiträge sind enthalten im November-Heft des “forum für Politik, Gesellschaft und Kultur”.

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