Ausgestattet mit einem regulierten und segmentierten Arbeitsmarkt
{Dotée d’un marché du travail régulé et segmenté, (p. 66)

Der Luxemburger Arbeitsmarkt setzt sich aus drei Segmenten zusammen: die Luxemburger, die ansässigen Ausländer und die Grenzgänger. Die Expansion des Dienstleistungssektors, insbesondere der Finanzdienstleistungen und der mit den Medien verbundenen Unternehmen, hat die Überrepräsentierung der Einwanderer an den beiden Extremen des Ausbildungsspektrums verstärkt: einmal in den niedrig qualifizierten Tätigkeiten, insbesondere Handarbeit, und in den hoch qualifizierten Tätigkeiten. Das reproduziert die Erscheinung, die schon bei der industriellen Entwicklung des Landes hatte beobachtet werden können: die ersten Wogen der Einwanderung unqualifizierter Arbeiter kamen damals aus Italien, während zahlreiche qualifizierte Arbeiter und Arbeitgeber aus Deutschland, Belgien und Frankreich gekommen waren.

In Unterschied dazu sind die Luxemburger im mittleren Management beschäftigt und besetzen im Wesentlichen die Verwaltungsposten im öffentlichen Dienst. Die Ausnahme ist der Gesundheitsbereich, wo der öffentliche Dienst zahllose eingewanderte Arbeitskräfte umfasst. Alle Sektoren, in denen man einen überproportionalen Anteil Luxemburger zählt, gehören zum öffentlichen Dienst. Das Übergewicht der Luxemburger im öffentlichen Dienst erklärt sich durch die Kriterien der Rekrutierung, die nicht die luxemburgischen Ansässigen genug anziehen würden, wären die angebotenen Gehälter nicht höheren Niveaus.

Insgesamt sind mehr als 40 % der luxemburgischen Beschäftigten beim Staat oder ähnlichen Einrichtungen beschäftigt, während sie unterrepräsentiert sind im Hotel- und Gaststättengewerbe, Hochbau und Tiefbau, Immobilien und bei Dienstleistungen an Haushalte, alles Sektoren, wo das Verdienstniveau relativ niedrig liegt.

Das Ausbildungsniveau der Ansässigen ist niedriger im Hinblick auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes und im Vergleich zu denen der Grenzgänger: es gibt in der Gesamtheit der Ansässigen verhältnismäßig mehr Erwerbstätige, die einen Primär- oder niederen Sekundärabschluss besitzen (25 % gegenüber 13 % in der Gesamtheit der Grenzgänger), weniger Erwerbstätige mit einem mit einem höheren Sekundärabschluss (46 % gegenüber 54 %), und ein bisschen weniger mit höherem Niveau. Heutzutage stammen 53 % der in Luxemburg arbeitenden Grenzgänger aus Frankreich, 27 % aus Belgien und 20 % aus Deutschland. Die belgischen Grenzgänger sind insgesamt häufiger mit einem Diplom ausgestattet als die französischen oder deutschen Grenzgänger mit einem Niveau der höheren Ausbildung von 44 % bzw. 23 %. Schließlich weisen die französischen, belgischen und deutschen Erwerbstätigen, die sich in Luxemburg niedergelassen haben, einen höheren Anteil an Diplomierten auf als die erwerbstätigen Grenzgänger.

Auf ca. 6.000 Arbeitsplätze (ohne in Luxemburg ansässige internationale Einrichtungen), die zwischen März 2002 und März 2003 neu geschaffen worden sind, wurden 4.000 mit Grenzgängern besetzt und weniger als 200 mit ansässigen Luxemburgern. Die ansässigen Luxemburger sind somit in massiver Weise abwesend, was die Dynamik des Arbeitsmarktes angeht.

Von 1985 bis 2001 bewegte sich diese Dynamik auf hohem Niveau: Das Großherzogtum hatte 117.000 Arbeitsplätze geschaffen, mehrheitlich durch Grenzgänger besetzt. Während die Beschäftigung im Inland von 160.000 auf 277.000 stieg, nahm die nationale Beschäftigung zu von 152.000 auf 188.000. Nachdem die ansässigen Luxemburger 94 % der Beschäftigung im Inland im Jahre 1985 repräsentieren, haben sie nur 32 % der neu geschaffenen Posten besetzt, wobei ihr Anteil auf 68 % der Beschäftigung im Inland gefallen ist. In den beiden letzten Jahren hat sich diese Tendenz fortgesetzt in einem immer schwierigeren Arbeitsmarkt.

Diese letzten Jahre, als die Arbeitslosigkeitsrate ziemlich niedrig war, hat sich das Wachstum also in starkem Maße auf das ausländische Arbeitskräftepotenzial gestützt, wobei sogar die Befürchtung wach gerufen wurde, dass sich dieses Reservoir innerhalb der Region erschöpfen könnte. Wenn diese Region als die Großregion verstanden wird mit mehr als 11 Millionen Einwohnern und einer Anzahl Arbeitsloser, welche den voraussichtlichen Beschäftigungsanstieg in Luxemburg im Laufe mehrerer Jahrzehnte überschreiten wird, dürfte diese Befürchtung ungegründet sein (OECD, 2003). Indessen könnte das Niveau der von den Arbeitgebern gesuchten Qualifikationen den wirklichen Engpass darstellen. Die Suche nach Talenten dürfte sich daher auf eine mehr globalen Basis entwickeln, wie man weiter unten noch sehen wird.

Das Wirtschaftsministerium bzw. das “Observatoire de la compétitivité” bieten den Fontagné-Bericht in einer gekürzten wie in einer ungekürzten Fassung zum Download an.