Die Fertilitätsrate (Fertilität = Fruchtbarkeit) ist für die Bevölkerungswissenschaft (Demografie) die Zahl der Lebendgeburten (üblicher Weise für den Zeitraum eines Jahres), geteilt durch die Zahl der gebärfähigen Frauen einer bestimmten Bevölkerung (üblicher Weise die Frauen im Alter zwischen 15 und 44 in einem bestimmten geografischen Raum).

Damit die Größe der Bevölkerung in diesem Raum erhalten bzw. konstant bleibt, muss die Fertilitätsrate 2,1 oder größer sein.

Sie liegt sowohl für Europa insgesamt als auch für die Großregion beträchtlich darunter. Am besten schneidet hier Wallonien ab, am schlechtesten das Saarland.

Was das natürliche Bevölkerungswachstum nicht erbringt, muss die Zuwanderung leisten. Der Zuwanderungssaldo ist jedoch lediglich für Wallonien und für Luxemburg positiv; das Saarland, Lothringen und auch Rheinland-Pfalz verlieren durch Abwanderung.

Die Attraktivität einer Region ist hauptsächlich eine Frage des Wirtschaftswachstums innerhalb derselben; außerdem freilich auch der dort angebotenen Infrastruktur (Wohnraum, Dienstleistungen für den Haushalt). Im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels sowie des sich ändernden Bevölkerungsaufbaus (weniger Junge, mehr Alte, multikulturelle Durchmischung) werden sich die Pole der Zuwanderungund der Abwanderung sowie des natürlichen Bevölkerungswachstums weiter geografisch verschieben bzw. auseinander driften.

Die IVL-Planung für Luxemburg geht nicht nur von einem ansehnlichen Wirtschaftswachstum aus, sondern betrachtet ausschließlich die Alternative, ob die für die Aufrechterhaltung des Systems der sozialen Sicherheit benötigten Arbeitskräfte als Grenzgänger kommen oder sich als Einwanderer im Großherzogtum niederlassen. Woher diese Menschen kommen sollen, die Frage wird hier gar nicht gestellt. Wie die demografischen Modellrechnungen für Europa jedoch zeigen, ist die Unterstellung gefährlich, dass auf immer und ewig ein Reservoir qualifizierter und mobilitätswilliger sowie -fähiger Menschen existiere, die nur darauf warten, um nach Luxemburg zum Arbeiten zu kommen. Die Fertilitätsrate in Osteuropa liegt jetzt bereits unter dem Niveau Westeuropas.

Schließlich ist es reichlich absurd, dass Europa sich abschottet, während die Bevölkerung insgesamt zurückgehen wird und bald ein starker Arbeitskräftemangel sich durchgängig abzeichnet. Andererseits stellte ein Zustrom unqualifizierter armer Menschen eine große Herausforderung für die Integrationsfähigkeit der europäischen Gesellschaften dar.

Die Zuwanderung allein kann also auf Dauer das Problem der zurückgehenden Fertilitätsrate auch nicht lösen. Es sind dies vor allem die Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, des familiengerechten Wohnraums sowie der schulischen Ausbildung, die von der Politik jahrelang geleugnet wurden, deren Lösung allein jedoch Abhilfe schaffen könnte.

“Der demografische Wandel in der Großregion”

Bei dem Kolloquium der “Stiftung Europa” wurden unter diesem Titel am 21. und am 22. Oktober 2004 verschiedene Referate gehalten, die demnächst auch noch publiziert werden sollen.

Dr. Ludwig Böckmann, Leiter des Referates “Analysen und Prognosen”, Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, D-Bad Ems

“Die demografische Entwicklung des Landes Rheinland-Pfalz und ihre Auswirkungen”

Marc Debuisson, Demograf, wiss. Mitarbeiter am Wallonischen Institut für Statistik, B-Jambes

“Die Bevölkerung, ein Trumpf für Wallonien in einem alternden Belgien”

Jean Langers, Leiter der Abteilung Sozialstatistik, Zentrales Amt für Statistik und Wirtschaftsstudien (STATEC), L-Luxembourg

“Die Demografie Luxemburgs. Von Alterung, Migrationen und Pendlerbewegungen”

Johannes Barth, Leiter der Abteilung “Verwaltung, Veröffentlichungswesen und Datenverarbeitung”, Statistisches Landesamt des Saarlandes, D-Saarbrücken

“Die Bevölkerungsentwicklung im Saarland und ihre möglichen Auswirkungen”

Joël Creusat, Leiter der Abteilung “Studien und Veröffentlichungen”, Direktion der Region Lothringen des Nationalen Instituts für Statistik und Wirtschaftsstudien (INSEE), F-Nancy
“Entwicklung der demografischen Dynamik in Lothringen: rezente Entwicklungen und Perspektiven bis 2020”

Jean Langers, Leiter der Abteilung Sozialstatistik, Zentrales Amt für Statistik und Wirtschaftsstudien (STATEC), L-Luxembourg

“Die demografische Zukunft der Großregion. Erster Versuch einer Synthese”

Rektor Gérard-François Dumont, Professor an der Universität von Paris-Sorbonne, Präsident der Zeitschrift “Population & Avenir”, F-Paris

“Frankreich, eine alternde Gesellschaft?”

Steffen Kröhnert, Sozialwissenschaftler, Berlin-Institut für Weltbevölkerung und globale Entwicklung, D-Berlin

“Die Studie ‘Deutschland 2020’. Rheinland-Pfalz und das Saarland im Vergleich zu anderen deutschen Regionen”

FORUM EUROPA: “Der demografische Wandel in der Großregion”