“Im freien Fall”, “Im Stillstand”: Das sind Ausdrücke, die in der luxemburgischen Baubranche nie verwendet wurden. So haben die steigenden Zinssätze die Investitionsbereitschaft im Großherzogtum, die als unerschütterlich galt, abrupt unterbrochen.

Die begonnenen Bauvorhaben werden zwar abgeschlossen, aber die Auftragsbücher der Unternehmen füllen sich nicht mehr. Daher hat der Verband der luxemburgischen Bauunternehmen (Groupement des entrepreneurs luxembourgeois du bâtiment et des travaux publics) insbesondere in Erwägung gezogen, Kurzarbeit für die Beschäftigten in diesem Sektor zu beantragen.

Und was für ein Sektor! Wir sprechen hier von rund 45.000 Arbeitsplätzen im Großherzogtum, die mehr als 3,5 Milliarden Euro Umsatz generieren und 6% des nationalen BIP ausmachen. Doch der Riese wankt Anfang 2023, und vor einigen Tagen hat Roland Kuhn (Präsident des Verbands der Bau- und Tiefbauunternehmen) dem Minister für Wohnungsbau seine Befürchtungen mitgeteilt. Ein klares SOS: “Es passiert nichts mehr auf dem Markt für Neubauten”.

Unzureichende Reserven

Nach dem Sektor des Immobilienverkaufs sind es nun also die “Bauunternehmer”, die den Staat warnen wollen, dass zum ersten Mal in der Geschichte Luxemburgs über soziale Maßnahmen nachgedacht werden sollte, um “das Personal vorübergehend zu sichern”. Mit anderen Worten: Entlassungen zu vermeiden.

Bisher hat die Regierung nicht offiziell auf diese Forderung nach “vorübergehenden Maßnahmen” reagiert, die lange vor dem nächsten kollektiven Sommerurlaub in Betracht gezogen werden müssten, da es sonst zu zahlreichen Insolvenzen kommen würde.

Während in der Vergangenheit jedes Jahr rund 3.800 Wohnhäuser gebaut wurden, gehen die aktuellen Prognosen davon aus, dass es bis 2023 bestenfalls ein Drittel weniger sein werden. Die Planungen vieler Unternehmen, die gerade erst die Jahre hinter sich haben, die von verschiedenen Krisen geprägt waren (Covid, Materialknappheit, Inflation der Energiekosten und die Belastung der Finanzen durch Indizes), werden dadurch geschwächt.

Die Aufregung ist im Großherzogtum umso größer, als drei Viertel der Unternehmen im Wohnungsbausektor weniger als zehn Mitarbeiter haben. Das Gewebe besteht also aus kleinen Einheiten mit finanziellen Reserven, die nicht unbedingt ausreichen, um diese neue Episode der Rezession zu bewältigen.

Derzeit nehmen im Großherzogtum 79 Unternehmen Kurzarbeit in Anspruch (alle Sektoren zusammengenommen). Dies entspricht etwa 9.200 Arbeitnehmern.