Der “Billig”-Airport Frankfurt-Hahn, diesseits und jenseits der Landesgrenzen beliebt und gleichermaßen frequentiert, hat gelinde formuliert, einige monetäre Schwierigkeiten.

Status Quo heute: der Verkauf des insolventen Flughafens Hahn an das eigens gegründete Unternehmen Swift Conjoy ist wohl geplatzt. Der Insolvenzverwalter des Flughafens Hahn, Jan Markus Plathner, wartet weiter auf das Geld der Käufer. Eine verlängerte Frist zur Überweisung des Geldes war in der Nacht zum Mittwoch, den 16. November 2022 abgelaufen.

Allerdings ist der Ende Juni 2022 mit dem Unternehmen geschlossene Kaufvertrag weiterhin verbindlich. Damit ist das Unternehmen rechtlich verpflichtet, das Geld für den Erwerb des Hunsrückairports zu überweisen.

Doch wenn nun nichts kommt, dann kommt halt nichts… Und doch warten die Gläubiger auf ihr Geld. Und die Skepsis bei allen Beteiligten ist groß, das der Verkauf nun doch nicht zu Stande kommt. Kommen nun andere Interessenten zum Zuge….?

Keine Rendite auf längere Sicht?

Insider vermuten, dass es innerhalb des Joint Ventures zu Verwerfungen mit den Geldgebern gekommen sein könnte. Bei Swift Conjoy handelt es sich wohl um ein sogenanntes Family-Office. Das Unternehmen verwaltet das Vermögen von verschiedenen Unternehmen.

Möglicherweise haben einige der Geldgeber erkannt, dass eine Investition in den Hahn auf längere Sicht keine Rendite zu erzielen ist. Denn mit dem Kauf des finanziell angeschlagenen Flughafens ist es nicht getan. Kenner des Airports gehen davon aus, dass Investitionen von bis zu 40 Millionen Euro notwendig sind, um den Flugbetrieb im Hunsrück dauerhaft aufrechtzuerhalten.

Hauptgläubiger: das Land

Das Land Rheinland-Pfalz (RLP) dürfte der Hauptgläubiger sein. Und sollte somit ein hohes Interesse daran haben, dass der Verkauf des Airports endlich über die Bühne geht.

Die Reaktion des zuständigen Innenministeriums von RLP zu dem höchstwahrscheinlich geplatzten Verkauf an Swift Conjoy fällt eher zurückhaltend aus.

Für die künftige Entwicklung des Flughafens Frankfurt-Hahn spiele das Ausschreibungsverfahren „eine wichtige Rolle“. „Das Land war und ist am Ausschreibungsverfahren jedoch nicht beteiligt. Der Insolvenzverwalter führt das Verfahren unabhängig.“

Genaue Informationen zu den Gründen der ausstehenden Zahlung und zu Handlungsoptionen des Insolvenzverwalters lägen dem rheinland-pfälzischen Ministerium nicht vor. Wie zu vernehmen ist, ist man innerhalb der Regierung froh, dass man offiziell nichts mehr mit dem finanziell angeschlagenen Hahn zu tun hat….

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Debakel schon seit Wochen abzusehen

Dabei dürfte es auch die Damen und Herren in Mainz nicht überrascht haben, dass der Verkauf an Swift Conjoy nun wohl geplatzt ist:

Zunächst wurden Probleme bei der Beantragung der Betriebserlaubnis als Gründe für die Verzögerung beim Vollzug des Ende Juni 2022 unterzeichneten Kaufvertrags genannt.

Dann wurde die Frist für die Überweisung des Kaufpreises immer weiter nach hinten geschoben. Am Dienstagabend, den 15. November 2022 dann lief die letzte Frist, die Plathner den Käufern einräumte, aus, ohne dass Geld geflossen ist. Rechtlich verbindlich war diese Frist nicht. Vielmehr handelte es sich dabei um ein Signal des Insolvenzverwalters an Swift Conjoy.

Zuschlag an Swift Conjoy bereits im Ende Juni 2022

Swift Conjoy hatte nach einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag für den Kauf des Flughafens bekommen. Im Juli 2022 stimmte die Gläubigerversammlung dem Verkauf des finanziell angeschlagenen Flughafens an das Unternehmen zu. Plathner sagte damals, man habe im Bieterverfahren geprüft, ob die Investoren finanzkräftig seien. Daher zeigte er sich optimistisch, „dass der Käufer alle Mitarbeiter übernehmen und den Flughafen weiterführen will“.

Seitdem habe aber Swift Conjoy wenig Aktivität gezeigt, die darauf schließen lassen könnte, dass es ein ernsthaftes Interesse an dem Flughafen gibt, ist nun aus dem Umfeld des Hahn zu vernehmen. So hatten die Käufer bis zuletzt offenbar nicht alle erforderlichen Unterlagen für die Erteilung der Betriebserlaubnis des Flughafens beim zuständigen Landesbetrieb Mobilität eingereicht.

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Umfeld eher skeptisch

Aus dem Umfeld des Flughafen Frankfurt-Hahn ist zu vernehmen, dass offenbar kaum noch jemand davon überzeugt ist, dass Swift Conjoy den Flughafen kaufen wird. „Was bringt es den Beschäftigten auf dem Hahn, wenn weiterhin ein Käufer im Rennen ist, der sich offenbar nicht ernsthaft mit dem Kauf beschäftigt“, sagte ein Insider unserer Redaktion. Besser sei es daher, wenn der Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner mit anderen Interessenten rede, „die tatsächlich den Flughafen wollen und auch zahlen“.

Zumindest spricht die Aussage Plathners von Mittwochvormittag, er prüfe „weitere Maßnahmen, um schnell Klarheit für den Flughafen Frankfurt-Hahn zu schaffen“, dafür, dass er Gespräche mit im Bieterverfahren unterlegenen Interessenten führen könnte. Eine Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Fakt ist aber wohl, dass vorerst nicht geplant ist, eine erneute Ausschreibung zu starten.

Verkauf an Swift Conjoy weiterhin möglich

Nach außen hin gibt Plathner zu verstehen, dass ein Verkauf an Swift Conjoy weiterhin möglich ist: „Der Vollzug des Kaufvertrags verzögert sich leider nochmals. Ich stehe weiterhin mit der Käuferin in Kontakt, um den Vollzug zu realisieren“, sagte er am Mittwoch. Das Plathner wohl selbst Zweifel daran hegt, dass der Airport Hahn an diese Unternehmung verkauft werden wird, wird als offenes Geheimnis gehandelt.

Georg Wohlleben, Anwalt des Hahn-Betriebsrates glaubt nicht daran, dass Swift Conjoy den Flughafen übernehmen wird. Wenn der Käufer das Geschäft hätte abschließen wollen, wären schon längst Maßnahmen angelaufen, sagte er am Mittwoch.

Flugbetrieb geht weiter

Trotz der erneuten Turbulenzen wird laut Plathner der Flugtrieb am Hahn „in vollem Umfang weitergeführt“. Gemeinsam mit dem Chef für das operative Geschäft, Rüdiger Franke, wird Plathner den Flughafen, der mittlerweile schwarze Zahlen schreibt, vorerst weiterführen.

„Der Betrieb des Flughafens geht auf jeden Fall weiter“, sagte der Sprecher des Insolvenzverwalters. „Das steht über allem.“ Darauf könnten sich die Airlines, die Passagiere und die Mitarbeiter verlassen.

Allerdings ist, bei aller Vorsicht, auch hier Skepsis angebracht:  die irische Fluggesellschaft Ryanair, der Platzhirsch am Hahn, hat ihren Sommerflugplan für den Hunsrückflughafen für nächstes Jahr noch nicht komplettiert. Bislang stehen nur Flüge nach London und nach Mallorca in dem Plan. Für den Luxemburger Flughafen Findel hingegen sind bereits alle Ryanair-Flüge für den Sommer buchbar

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Eine unendliche Geschichte?

Es ist nicht das erste Mal, dass der Hahn, der im Oktober vergangenen Jahres Insolvenz anmelden musste, einer unsicheren Zukunft entgegenblickt. 2016 scheiterte der Verkauf der Anteile des Landes (Rheinland-Pfalz hielt 82,5 %, der Rest befindet sich weiterhin im Besitz von Hessen) an ein chinesisches Unternehmen. Die Käufer stellten sich als Betrüger heraus. Ein Jahr später wurde der Hahn an das chinesische Konsortium HNA verkauft. Dieses ging 2021 Pleite.

Wer alles Forderungen an den insolventen Flughafen Hahn hat, ist im Detail nicht bekannt. Ein Gläubiger hingegen ist öffentlich: Es handelt sich um das Land Rheinland-Pfalz. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) musste das Land Beihilfen in Höhe von zehn Millionen Euro von dem Flughafen zurückfordern.

Das Land hatte sich 2017 beim Verkauf seiner Anteile an den chinesischen Konzern HNA verpflichtet, dem neuen Eigentümer weiterhin Betriebsbeihilfen zu zahlen. Erst auf Drängen des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbundes hatte sich das Land entschieden, die gezahlten Beihilfen als Forderungen in dem seit Oktober vergangenen Jahres laufenden Insolvenzverfahrens anzumelden.

Wer will, wer hat noch nicht? Möglichkeiten der Sondierung

Stellt sich die Frage, wer ein ernsthaftes Interesse am Hahn haben könnte. Nach Informationen plant Plathner wohl vorerst kein neues Bieterverfahren. Er wird wohl mit den im vorangegangenen Verkaufsprozess unterlegenen Interessenten Gespräche führen. Darauf deutet seine Aussage von Mittwoch hin: „Gleichzeitig prüfe ich aber weitere Maßnahmen, um schnell Klarheit für den Flughafen Frankfurt-Hahn zu schaffen.“

Gut möglich, dass er bereits sondiert hat, ob seitens der damaligen Bieter noch Interesse besteht. Namen von möglichen neuen Käufern sind offiziell nicht bekannt. Ein Bieter war damals nach eigenen Angaben die NR Holding AG des Nürburgrings gewesen. Dahinter steht der russische Unternehmer Viktor Charitonin. Möglicherweise wollte die Holding den Hahn zusammen mit einem am Flughafen ansässigen Unternehmen kaufen.

Weiterer Bieter damals war ein Zusammenschluss von zwei Unternehmen aus der Region Trier. Deren Hauptinteresse war der Ausbau des Frachtfluges am Hahn und möglicherweise die Errichtung eines Gewerbegebietes.

Hintergrundinformationen – kurz und knapp

Die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH war im Oktober 2021 in die Insolvenz gegangen. Ende Juni 2022 hatte Swift Conjoy aus Frankfurt den Zuschlag für den mehrheitlichen Erwerb bekommen. Ein Kaufvertrag über eine nicht bekannte Summe wurde unterzeichnet.

Ohne die Zahlung der vereinbarten Summe ist der Kauf des Airports nicht vollzogen. Das Hauptgläubiger ist das Land Rheinland-Pfalz, das Land Hessen hält noch einen Minderheitsanteil von 17,5 %.

Der Flugbetrieb auf dem Airport mit rund 400 Beschäftigten läuft derzeit normal. Im aktuellen Winterflugplan werden vom Hahn mehr als 30 Ziele angeflogen.

Hahn ist der einzige größere Airport in Rheinland-Pfalz. Der einstige US-Militärflughafen wird seit 1993 zivil betrieben.