Pendeln und die Gesundheit

Flexibilität und Mobilität sind heute auf dem deutschen Arbeitsmarkt gefragter denn je. Viele Arbeitnehmer pendeln deshalb zwischen ihrem Zuhause und dem Arbeitsplatz hin und her – oftmals stundenlang, fünfmal in der Woche.

Berufspendler verbringen viel Zeit in Auto, Bus oder Bahn. Die Familie und der Freundeskreis kommen dadurch häufig zu kurz. „Tägliches Pendeln verursacht Stress, der sich negativ auf die Gesundheit auswirken kann”, sagt Karin Schreiner-Kürten, Diplom-Psychologin im AOK-Bundesverband. „Um Hektik durch lange Anfahrtswege zu vermeiden, hilft ein gutes Zeitmanagement”, weiß die Expertin.

Wer täglich länger als eineinhalb Stunden zwischen der Arbeitsstelle und den eigenen vier Wänden unterwegs ist, den bezeichnen Fachleute als Berufspendler. Stress durch lange Anfahrtswege entsteht beispielsweise, wenn Pendler bei Zugfahrten häufig umsteigen müssen oder wenn sie bei der Fahrt mit dem Auto gezwungen sind, sich im Stop-and-Go-Tempo durch einen Stau zu quälen. Wer hingegen im ICE dahingleitet oder freie Fahrt auf der Autobahn hat, kommt entspannter am Ziel an. „Besonders die kleinen, alltäglichen Hindernisse lösen Stress aus“ ,weiß Schreiner-Kürten. Da reicht es schon, den Bus zu verpassen oder auf der Autobahn durch eine Baustelle aufgehalten zu werden.

Hat das Pendeln auch Auswirkungen auf die Gesundheit? „Eindeutig ja!“, sagt Dr. Katja Matthias, Ärztin im AOK-Bundesverband. Die Folgen sind vielfältig: „Aus zu viel Stress resultiert schnell Unzufriedenheit, die sich negativ auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken kann. Es gibt aber auch körperliche Beeinträchtigungen, zum Beispiel einen verspannten Nacken, Müdigkeit oder eine höhere Anfälligkeit für Erkältungen“, beschreibt die Allgemeinmedizinerin.

Langes Sitzen im Auto belastet den Rücken, den Nacken und die Muskulatur. Wer nicht nach Feierabend für Ausgleich durch Sport sorgt, riskiert Verspannungen und Schmerzen. Pendler, die mit dem öffentlichen Nahverkehr fahren, sind besonders im Winter häufiger erkältet – denn Schnupfenviren haben es in vollbesetzten Bussen und Zügen einfach, „neue Opfer“ zu finden. Ein weiteres Problem kann Tagesmüdigkeit sein. Das frühe Aufstehen raubt wichtigen Schlaf. „Betroffene sind dann häufig unkonzentriert bei der Arbeit und weniger leistungsfähig“ , meint Diplom-Psychologin Schreiner-Kürten. Den Rat, einfach früher ins Bett zu gehen, hält sie für wenig hilfreich. „Besonders “Nachteulen” haben einen anderen Rhythmus. Wenn sie sich früher als sonst hinlegen, können sie meist noch lange nicht einschlafen.“

Zeit ist das höchste Gut, das Berufspendlern häufig fehlt – nicht nur für erholsamen Schlaf, sondern auch für soziale Bindungen ist sie oft zu knapp bemessen. „Wer pendelt, kann meist weniger Zeit gemeinsam mit dem Partner, den Kindern und Freunden verbringen als Beschäftigte, die lediglich kurze Strecken zur Arbeitsstelle zurücklegen müssen“, sagt Schreiner-Kürten. Viele Berufspendler stecken nach Feierabend in einer Zwickmühle: „Einerseits brauchen sie dringend Erholung. Andererseits müssen sie aber auch Erwartungen erfüllen, beispielsweise wenn die Kinder Aufmerksamkeit verlangen. Sie vermissen tagsüber ja bereits ihren Vater oder ihre Mutter“, erklärt die Diplom-Psychologin.

Freizeit nicht total verplanen

Zeitmanagement ist daher das A und O, um gut mit dem Pendeln zurechtzukommen. „Nehmen Sie sich in Ihrer Freizeit nicht zu viel vor. Planen Sie außerdem gemeinsame Unternehmungen frühzeitig und halten Sie dann die Verabredungen auch ein“, empfiehlt Schreiner-Kürten. Die Diplom-Psychologin rät zudem zur Ehrlichkeit. „Sprechen Sie offen alle Probleme an, die durch das Pendeln entstehen. Dadurch kann Ihr Partner oder Ihre Partnerin Verständnis für Ihre Situation entwickeln“, betont Schreiner-Kürten. 

Wichtig ist auch, dass Berufspendler die Wege zur Arbeitsstätte und zurück nach Hause sinnvoll nutzen. „Zugreisende können zum Beispiel schlafen, sich entspannen, die Zeitung oder ein gutes Buch lesen“, rät Schreiner-Kürten. Und auch Autofahrer können sich die Zeit zur Arbeit versüßen, indem sie beispielsweise die Lieblings-CD oder ein Hörbuch einlegen. Schreiner-Kürten: „Das Wichtigste ist: Bleiben Sie gelassen!“

 

Quelle: AOK-Bundesverband