Buzek neuer EU-Präsident

Knapp 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat erstmals ein Osteuropäer ein Spitzenamt der EU erhalten. Das Europaparlament wählte den ehemaligen polnischen Regierungschef Jerzy Buzek zu seinem neuen Präsidenten. Der 69-jährige Politiker von der rechtsliberalen Bürgerplattform des polnischen Regierungschefs Donald Tusk erhielt erwartungsgemäß eine überwältigende Mehrheit: Für ihn stimmten 555 Europaabgeordnete; 89 gaben ihre Stimme der einzigen Gegenkandidatin, der schwedischen Linkspolitikerin Eva-Britt Svensson. 69 Stimmzettel waren ungültig.

Der frühere Chemieprofessor und Mitstreiter des Solidarnosc-Gründers Lech Walesa wird Nachfolger des CDU-Politikers Hans-Gert Pöttering, der als einfacher Abgeordneter im Parlament bleibt. Ihm überreichte er zum Abschied eine Statue der Heiligen Barbara, der Schutzheiligen der Bergleute. Sie stamme aus seiner schlesischen Heimat und sei aus einem einzigen Stück Kohle gefertigt, sagte er dem scheidenen Parlamentspräsidenten und praktizierenden Katholiken Pöttering.

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Buzek, dem die Abgeordneten immer wieder tosenden Applaus spendeten, bezeichnete seine Wahl als “Signal für die Menschen in Ost- und Mitteleuropa”. Sie hätten hinter dem Eisernen Vorhang für Freiheit und Demokratie gekämpft. “Aber ihr im Westen habt uns dabei geholfen”, fügte er hinzu. Nun gebe es ein gemeinsamens Europa. “Es gibt kein ihr und wir mehr”.

Als eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Legislaturperiode nannte Buzek die Überwindung der Vertrauenskrise in der EU. “Die Bürger verstehen oft nicht, was wir tun”. Die Europaabgeordneten müssten in ihren Wahlkreisen darauf achten, “was den Menschen auf den Nägeln brennt.” Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise erwarteten die Bürger Antworten von der EU. Dazu benötigt die Gemeinschaft aber den EU-Reformvertrag von Lissabon, mahnte Buzek. Nur mit dem Lissabon-Vertrag könne die EU international “schlagfertiger” werden und die Krise bewältigen.

Sprecher aller maßgeblichen Fraktionen begrüßten die Wahl. Der Fraktionschef der Sozialisten, Martin Schulz, sprach von einem “historischen Moment”. Der Chef der liberalen Fraktion und frühere belgische Regierungschef Guy Verhofstadt betonte, hinter Buzek stehe eine “große pro-europäische Mehrheit”. Den neuen Parlamentspräsidenten forderte er auf, dies zu nutzen, um sich beim Rat Gehör zu verschaffen.