Arbeitgeber müssen ihren Angestellten etwas bieten können: bei dem aktuellen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften zählt jedes Argument, um sich positiv hervorzuheben.

Gefragt sind vor allem Fachkräfte im Finanzwesen, der Buchhaltung oder in technischen Berufen.

“Die Schlüsselworte für die Unternehmen lauten ‘Agilität’ und ‘Anpassungsfähigkeit’. Auf Seiten der Kandidaten wird es größtenteils gerne gesehen, wenn der Arbeitgeber sich bemüht, Telearbeit anzubieten. Das gilt sowohl für die Nachwuchskräfte als auch für die erfahreneren Bewerber”, erklärt Amandine Bianchi, die Expertin bei Robert Half Luxemburg, einer Personalvermittlung.

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Situation auf dem Arbeitsmarkt sehr angespannt

Da die Situation auf dem Arbeitsmarkt sehr angespannt ist, sei es wichtig, dass die Personaler “Sympathie zeigen, die Probleme der Arbeitnehmer verstehen, indem sie beispielsweise flexible Arbeitszeiten anbieten. Insbesondere in einem Land, in dem zahlreiche Angestellte Grenzpendler sind und die Anfahrtszeiten länger und länger werden“, so Bianchi.

Lohnzusatzleistungen, Telearbeit, Flexibilität bei Arbeitszeit und -dauer, et cetera ermöglichen es, Bewerber anzulocken, aber auch, seine Mitarbeiter zu halten. Das wird zunehmend schwieriger. “Der Markt ist sehr unbeständig. Die Angestellten schrecken nicht mehr vor einer Kündigung zurück, um anderswo mehr zu verdienen oder andere Vorteile zu erhalten.”

Fachkräftemangel – Warum Arbeitskräfte fehlen und was dagegen getan wird

Immer mehr Unternehmen in Deutschland müssen ihre Geschäfte einschränken, weil Fachkräfte fehlen. Ein Grund dafür ist die Coronakrise, aber da ist auch der demografische Wandel. Die Bundesregierung will handeln. Wäre Zuwanderung aus dem Ausland eine Lösung?

Der Fachkräftemangel liegt in Deutschland weiter auf hohem Niveau. Die Zahl der offenen Stellen gab die Bundesagentur für Arbeit im September 2022 mit rund 873.000 an. Das waren etwas weniger als in den Monaten Juli und August – aber etwa 74.000 mehr als vor einem Jahr.

Die sogenannte Fachkräftelücke liegt laut Institut der deutschen Wirtschaft im Zwölf-Monats-Durchschnitt von Juli 2021 bis Juli 2022 für qualifizierte Arbeitskräfte über alle Berufe hinweg bei 537.923 Stellen. Die Zahl beinhaltet die offenen Stellen, die rein rechnerisch nicht besetzt werden konnten.

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Welche Gründe gibt es für den Fachkräftemangel in Deutschland?

Als aktuellste Ursache für den Mangel ist die Coronakrise zu nennen. Viele Branchen haben während der Pandemie Beschäftigte verloren oder entlassen, die jetzt nicht zurückkommen. Laut Bundesagentur für Arbeit haben allein bei Gastronomie und Hotellerie im ersten Coronajahr 2020 knapp 390.000 Beschäftigte – das ist mehr als die Hälfte – neue Stellen angetreten. Viele davon im Verkauf, der Logistik und in der Verwaltung von Unternehmen.

Eine besonders starke Abwanderung gab es bedingt durch die Coronakrise im Bereich der Dienstleistungsberufe. Das merken Verbraucherinnen und Verbraucher im Alltag, wenn beispielsweise Handwerker fehlen oder Frisöre.

So wie es aussieht, wollen die meisten der Beschäftigten auch nicht in ihre alten Berufe zurückkehren. Die Zahl unbesetzter Stellen ist allerdings schon vor der Corona-Pandemie stetig gestiegen – vor allem aufgrund einer veränderten Altersstruktur der Bevölkerung.

Welchen Einfluss hat der demografische Wandel auf den Fachkräftemangel?

Die zahlenmäßig starken Jahrgänge der Babyboom-Generation gehen langsam in Rente. Sie wurden Ende der 1950er- und in den 1960er-Jahren geboren. In den 2020er-Jahren werden diese Altersjahrgänge den Arbeitsmarkt verlassen. Aktuell machen Menschen im Rentenalter noch den kleinsten Teil der Bevölkerung aus.

In zehn bis 15 Jahren werden sie den größten Anteil darstellen, davon geht das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus. Zugleich werden in Deutschland, so schätzt es das Statistische Bundesamt, voraussichtlich immer weniger Kinder geboren. Der Stellenmarkt wird aber nicht kleiner.

Heute mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt als früher

Zwar arbeiten mehr Frauen als früher, viele Arbeitskräfte bleiben auch länger erwerbstätig, doch das reicht nicht, um alle Jobs zu besetzen. Die bis 2026 errechnete Fachkräftelücke von rund 240.000 Personen aus Neubedarf und Neuangebot fällt aber laut Zahlen des Bundes weniger als halb so groß aus wie noch im vorigen Jahr für 2025 erwartet (540.000 Personen).

Dies wird mit dem höheren Arbeitskräfteangebot etwa durch Geflüchtete aus der Ukraine und dem geringeren Wirtschaftswachstum begründet.

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Kann Zuwanderung das Problem des Fachkräftemangels lösen?

Angesichts eines zunehmenden Mangels an Arbeitskräften will die Bundesregierung die gezielte Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt fördern. Das Kabinett beschloss am 12.10.2022 in Berlin eine Fachkräftestrategie, wonach unter anderem das Einwanderungsrecht reformiert und die Verfahren beschleunigt werden sollen.

Firmen, Länder, Kommunen, Sozialpartner, Bundesagentur für Arbeit, Bildungsträger und die Bundesregierung sollten zudem stärker zusammenarbeiten.