Welche Sorgen die Menschen in der (Corona)-Krise bewegten, wird unter anderem vom Geschlecht und vom Wohnort beeinflusst. Das zeigt eine neue (noch unveröffentlichte) Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Ansteckung, Arbeitsplatzverlust, Kontaktbeschränkungen: Frauen haben die erste Phase der Corona-Pandemie oft anders wahrgenommen als Männer.

Frauen erlebten die Kontaktbeschränkungen und die Unsicherheiten im Frühjahr 2021 als deutlich belastender – und hatten häufiger Angst zu erkranken als Männer (43 % zu 34 %). So wie Heike S. aus dem grenznahen Kreis Trier Saarburg, im März 2020: “Das Leben in der Pandemie war für Frauen abseits der Städte besonders schwierig.”

Lebten die Frauen in einer ländlichen Region, war die Belastung noch größer. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Studie des BiB hervor. “Das Leben in der Pandemie war für Frauen abseits der Städte besonders schwierig”, sagt Martin Bujard, Forschungsdirektor am BiB und einer der Autoren der Untersuchung.

Andererseits konnte mehr als die Hälfte der Frauen der Pandemie auch gute Seiten abgewinnen, in Städten stärker als auf dem Land – bei den Männern waren es signifikant weniger. Eine Sorge war bei Männern deutlich ausgeprägter als bei Frauen: die Angst vor finanziellen Einbußen durch die Coronakrise.

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“Solche Krisen sind wie eine Lupe”

Die Forscher haben Daten von rund 30.000 Befragten aus dem familiendemografischen Panel FReDa ausgewertet (‘Family Research and Demographic Analysis’). Dabei wird halbjährlich gefragt, wie es den Teilnehmenden geht.

“Menschen, die in der Coronaepidemie neben den Belastungen auch positive Aspekte sehen können, zeigten eine deutlich höhere Lebenszufriedenheit – und das trägt zur Widerstandsfähigkeit in der Krise bei”, sagt Martin Bujard.

Corona belastete Frauen mehr als Männer

Kontaktbeschränkungen, Lockdowns, Homeoffice: die Pandemie hat das Leben in Deutschland, Europa und weltweit beeinträchtigt. Das wirkte sich laut einer Studie auch auf die Zufriedenheit aus – mit großen Unterschieden zwischen den Geschlechtern. Frauen fühlten sich durch die Corona-Pandemie in Deutschland stärker belastet als Männer.

Auch hatten sie mit 43 % deutlich häufiger Angst zu erkranken als mit 34 % die männlichen Befragten, wie das BiB mitteilte. Frauen konnten aber auch viel häufiger als Männer das Gute sehen.

Insgesamt schränkte die Pandemie die Lebenszufriedenheit der Menschen demnach erheblich ein. Dabei fürchteten Männer lediglich bei der Frage nach der eigenen wirtschaftlichen Situation mehr um finanzielle Einbußen als Frauen – 33 % zu 28 %. Von beiden Geschlechtern gleichermaßen wurden die Kontakteinschränkungen als die größte Belastung empfunden.

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Was Krisen mit jungen Menschen und deren Eltern machen

Ob Krieg, Klimakrise, Pandemie: Die psychische Belastung bei jungen Menschen ist hoch.

Familienzusammenhalt half in der Pandemie. Auch wenn die Corona-Belastungen für Eltern hoch waren, so habe es in der Krise Menschen gestärkt, wenn sie nicht allein lebten. Dabei genüge es aber nicht, bloß in einer Partnerschaft oder Familie zu sein.

Entscheidend seien vielmehr die Beziehungsqualität und der Zusammenhalt in der Familie: Je positiver die familiären Beziehungen in der Partnerschaft und zu den Kindern, desto besser kamen Mütter und Väter durch die Pandemie.

Wie stark sich Eltern belastet fühlten, hing stark vom Alter der Kinder ab: Bei Babys war es vergleichsweise gering, stieg mit zunehmendem Alter der Kinder und ging wieder zurück, wenn diese über 14 Jahre alt waren. Mütter fühlten sich stärker belastet als Väter.

Gelegentliches Home-Office steigert Zufriedenheit

Auch der Einfluss des Arbeitens im Home-Office wurde untersucht. Dabei spielte es für die Lebenszufriedenheit von Eltern eine wesentliche Rolle, wie häufig sie zu Hause arbeiteten. Demnach steigerte gelegentliches Arbeiten von zu Hause die Zufriedenheit deutlich, vor allem bei Eltern mit Kindern unter 16 Jahren.

Die tägliche Arbeit im Home-Office reduzierte die Zufriedenheit hingegen signifikant. Laut BiB war die Lebenszufriedenheit während der Corona-Pandemie bei vielen Eltern gesunken, liegt jedoch jetzt wieder “auf dem höchsten Niveau seit Ausbruch der Pandemie”. Dabei machen sich jedoch soziale Ungleichheiten deutlich bemerkbar: Eltern aus Haushalten mit niedriger Bildung und niedrigem Einkommen haben eine deutlich geringere Zufriedenheit.

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Kinder in der Corona-Krise

Die Studienergebnisse sind eindeutig: Die Lebensqualität von Kindern – vor allem die der ärmeren – ist gemindert. Die Sorge um wirtschaftliche Lage steigt weiterhin.

Der Studie zufolge sind die aktuellen Sorgen “eher zukunftsorientiert”. Dies mag auch daran liegen, dass sich die derzeitigen Krisen – zumindest bis August 2022 – noch nicht auf die Lebenswirklichkeit der Befragten ausgewirkt haben, vermuten die Forscher.

Gegenwärtig stehen demnach vor allem wirtschaftliche Ängste im Vordergrund. So machen sich 35 % aller Mütter und Väter mit Kindern unter 16 Jahren große Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation – ein Höchstwert seit Ausbruch der Corona-Pandemie. In den Fokus von Eltern rückten zuletzt aber auch wieder deutlich stärker Sorgen um das Klima und die Umwelt.

Die Studie beruht unter anderem auf Ergebnissen eines familiendemografischen Panels, welches seit 2021 rund 30.000 Menschen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren zweimal pro Jahr befragt. Zudem wurden Daten einer Onlinebefragung des Instituts Infratest dimap von 250 bis 350 deutschen Wahlberechtigten berücksichtigt. Dabei gab es von Mai 2020 bis August 18 Befragungswellen mit jeweils etwa 10.000 Teilnehmenden.

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